Sächsischer Landtag ändert Naturschutzgesetz – Schwarz-Gelbes „Baum-Ab-Gesetz“ ist Geschichte

Gerade in heißen Sommern wird der Wert von Bäumen von vielen Menschen geschätzt: Sie spenden Schatten, verschönern das Stadtbild, regulieren die Feuchtigkeit und sorgen für ein angenehmes Stadtklima. Dazu leisten keineswegs nur Straßenbäume einen Beitrag, sondern auch die zahllosen Bäume auf Privatgrundstücken. In Zeiten des Klimawandels sollte der Schutz dieser Baumstandorte eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein.

Leider war dies bis vor kurzem in Sachsen nicht der Fall. Im Jahr 2010 hatte die damalige schwarz-gelbe Landesregierung umfassende Änderungen am sächsischen Naturschutzgesetz vorgenommen. Bis dahin hatten Städte und Gemeinden recht große Spielräume beim Schutz von Bäumen. Sie konnten die Fällung auch auf Privatgrundstücken unter Genehmigungsvorbehalt stellen und z.B. auch Ersatzpflanzungen anordnen. Durch das von CDU und FDP vorangebrachte „Baum-ab-Gesetz“ wurde dies den Kommunen nun bei einem Stammumfang von bis zu einem Meter untersagt. Insbesondere in größeren Städten wie Leipzig und Dresden waren die negativen Folgen unübersehbar.

Neuregelung im Koalitionsvertrag verankert

Auf Druck von SPD und Grünen wurde dieser Fehler nun behoben. Nachdem der stärkere Baumschutz Ende 2019 im Kenia-Koalitionsvertrag verankert wurde, hat der Sächsische Landtag am 3. Februar nun endlich auch die entsprechende Änderung des Sächsischen Naturschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Mit der Änderung haben die Kommunen nun wieder die Möglichkeit, die Belange des Natur- und Artenschutzes sowie des Klimaschutzes weitaus umfassender als bisher in den entsprechenden Gehölzschutzsatzungen zu manifestieren. Zudem gelten Fällanträge nun automatisch nach sechs und nicht wie bisher drei Wochen als genehmigt, sofern sich die Verwaltung nicht abweichend äußert. Entsprechende Anträge bleiben aber auch nach der Gesetzesnovelle kostenfrei.

Kommunale Selbstbestimmung

Für den Dresdner SPD-Landtagsabgeordneten Albrecht Pallas ist diese Änderung ein Beitrag zur kommunalen Gestaltungsfreiheit: „Endlich können die Städte und Gemeinden wieder vor Ort entscheiden, welche Regelungen sie für notwendig erachten. Bäume sind auch auf Privatgrundstücken keine reine Privatsache.“ Aus seiner Sicht haben Bäume einen Nutzen für alle Einwohner und sind auch Allgemeingut. Der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion betont vor allem die Bedeutung für die biologische Vielfalt und für Klima, Wasser und Boden: „Für ein gesundes Klima in den Städten brauchen wir ausreichend Grün.“

Dresdner Gehölzschutzsatzung tritt wieder in Kraft

Welche Konsequenzen diese Neuregelung vor Ort hat, ist am Beispiel von Dresden gut erkennbar: Einige Passagen der kommunalen Gehölzschutzsatzung können seit zehn Jahren nicht mehr angewendet werde. Sie sind zwar Teil der Satzung, stehen aber im Widerspruch zum sächsischen Naturschutzgesetz. Eine SPD-Anfrage an die Stadtverwaltung hat schon Anfang 2020 ergeben, dass die bestehende Dresdner Gehölzschutzsatzung durch die neue Landesregelung nun wieder vollständig in Kraft tritt. Dadurch werden zum Beispiel Bäume mit einem Stammdurchmesser von 30 Zentimeter bis einen Meter wieder unter Schutz gestellt. 

Aus Sicht von Stefan Engel, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion Dresden, ist diese Neuregelung ein wichtiger Schritt: „Beim eklatanten Mangel an städtischen Flächen müssen wir auch private Grundstücksbesitzer stärker in die Pflicht nehmen. Damit bekämpfen wir auch die Überhitzung unserer Stadt.“ Zugleich ist er zuversichtlich, dass die Stadtverwaltung bei der Anwendung der wieder eingeführten Regelungen mit Augenmaß agiert: „Beim Baumschutz geht es nicht darum, pauschal jede Fällung abzulehnen. Ich gehe davon aus, dass die Verwaltung hier auch zukünftig sorgfältig abwägen wird.“ Er verweist insbesondere auch auf die Möglichkeit, die Genehmigung von Fällanträgen mit verpflichtenden Neupflanzungen zu verbinden.

Stefan Engel erteilt dem Versuch der CDU-Stadtratsfraktion, die Dresdner Gehölzschutzsatzung jetzt unter dem Deckmantel einer Überarbeitung pauschal außer Kraft zu setzen, hingegen eine klare Absage. Es gäbe keinen Grund, auf eine Anwendung der neuen Rechtslage jetzt zu verzichten.