Bürgerbeteiligung ist eine Frage des Vertrauens
Aktuell wird in der Dresdner Stadtverwaltung ein neuer Schulnetzplan erarbeitet. Die letzte Fortschreibung von 2012, die 2014 evaluiert wurde, muss den aktuellen Gegebenheiten, wie einer immer weiter wachsenden Zahl von Schülerinnen und Schülern aber auch veränderten bildungspolitischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Der Schulbürgermeister, Dr. Peter Lames (SPD), hat zugesichert, dass der Entwurf des neuen Schulnetzplanes im Herbst zunächst öffentlich vorgestellt und diskutiert wird, bevor eine endgültige Entscheidung in den Gremien der Stadt fällt. Trotzdem herrscht bereits jetzt große Aufregung an einer Schule in der Stadt, dem Beruflichen Schulzentrum für Wirtschaft „Franz Ludwig Gehe“. Dessen Schulleiter, Lars Kluger, von 1999 bis 2014 Stadtrat für die CDU und langjähriger bildungspolitischer Sprecher der Fraktion, wehrt sich medial gegen den „Zwangsumzug“. Das Berufsschulzentrum hat eine lange Leidensgeschichte – wie leider zu viele Dresdner Schulen. Der ursprüngliche Standort in Löbtau war schnell zu klein, so dass mehrfach wechselnde Außenstellen nötig wurden. Dann folgten der Umzug in ein ebenfalls stark sanierungsbedürftiges Interim in Seidnitz und schließlich ein weiterer Umzug wieder in ein sanierungsbedürftiges Schulgebäude in Gorbitz.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, Dana Frohwieser: „Rot-Grün-Rot hat jedoch einen neuen Politikstil versprochen und setzt diesen seit 2014 in der Landeshauptstadt um. Wir machen Schulnetzplanung MIT den Betroffenen nicht gegen sie. Die Sorgen von Beschäftigten nehmen wir ernst. Sie sind aber auch ein trauriges Zeichen dafür, dass die Menschen in dieser Stadt und diesem Land nach jahrelanger herrschaftlicher CDU-Politik wenig Vertrauen in die Verwaltung und Politik haben.“ So wird ab Herbst zunächst eine öffentliche Diskussion des Verwaltungsentwurfes für den Schulnetzplan stattfinden, in der einzelne Schulen, Eltern, Schülerinnen und Schüler und andere Interessierte ihre Bedenken, Wünsche, Verbesserungsvorschläge vorbringen können. Erst danach wird der Stadtrat nach gründlicher Abwägung der Ergebnisse des Beteiligungsprozesses über den endgültigen Schulnetzplan entscheiden.
Bereits in ihrer ersten Kooperationsvereinbarung von 2014 hatten die Fraktionen und Parteien von LINKEN, GRÜNEN, SPD und Piraten festgeschrieben: „Darüber hinaus braucht Dresden eine neue politische Kultur. Wir wollen mehr Bürgerbeteiligung und mehr Transparenz nach innen und außen. Wir wollen konstruktiv und lösungsorientiert mit der Verwaltung und mit anderen demokratischen Akteuren zusammenarbeiten.“ Dies wurde beispielsweise bereits bei der Erarbeitung der Schulbauleitlinie der Stadt Dresden umgesetzt, die die nach einem umfangreichen Beteiligungsverfahren deutlich an Qualität und Zustimmung gewonnen hat und demnächst vom Stadtrat verabschiedet werden soll. Anders als die damalige Mehrheit von CDU und FDP im Jahr 2001 entgegen der Sächsischen Gemeindeordnung nur eigene Kandidaten als Beigeordnete gewählt hatte, hat die Rot-Rot-Grüne Kooperation 2015 auch der CDU das Vorschlagsrecht für zwei der sieben Beigeordneten eingeräumt.
Die CDU, die seit 1990 ununterbrochen das sächsische Kultusministerium führt, hat leider viel zu lange und entgegen den Meinungen und Forderungen von Fachleuten und Bürgerinnen und Bürgern vor Ort auf dauerhaft sinkende Schülerzahlen und Schließung von Schulen gesetzt. Unter Schulbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) wurde 2004 das damalige Erich-Wustmann-Gymnasium in Prohlis und 2005 das Johann-Andreas-Schubert-Gymnasium in Gorbitz geschlossen – ausgerechnet in jenen Stadtteilen, die laut 2. Dresdner Bildungsbericht von 2012 zum Entwicklungsraum 1 zählen, d.h. Stadtteile mit sehr starker sozialer Belastung und sogar, verglichen mit 2009 einer Entwicklung stark unter dem städtischen Durchschnitt. Auch diese Fragen muss eine verantwortungsvolle Schulnetzplanung im städtischen Gesamtinteresse berücksichtigen. Dazu die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dana Frohwieser: „Im Interesse der jungen Menschen in dieser Stadt – in der gesamten Stadt – wünsche ich mir, dass wir die Vorschläge, die letztlich im Schulnetzplanentwurf stehen werden, ergebnisoffen diskutieren können. Auch die jungen Menschen im Dresdner Osten und Westen haben einen Anspruch auf gute und nahe Bildungsangebote. Wenn hierzu Kompromisse nötig sind, sollten alle Seiten bereit sein, diese zunächst offen zu prüfen und zu diskutieren.“ Sie vertraue auf ein gelungenes öffentliches Beteiligungsverfahren, an dessen Ende eine politische Entscheidung stehe, die von breiter Zustimmung der Betroffenen und der Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Dresden getragen wird.