Wählerwille ermöglicht Neuausrichtung mehrerer Dresdner Großprojekte.

Die Dresdner haben sich entschieden. Nach den Kommunalwahlen wird eine linke Mehrheit im Stadtrat immer wahrscheinlicher. „Gemeinsam verfügen die drei Fraktionen über 35 Stimmen im künftigen Dresdner Stadtrat. Damit lassen sich Mehrheiten für Projekte bilden“, äußert die SPD Dresden. „Viele unserer Ziele spielen auch in den Programmen von Linken und Grünen eine große Rolle. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass mit beiden Parteien eine die Stadt gestaltende Zusammenarbeit möglich ist und stehen entsprechenden Gesprächen offen und positiv gegenüber.“ Doch 35 Stimmen reichen nicht aus. Zur Mehrheit fehlt eine Stimme. Deshalb sind die drei Parteien auch im Gespräch mit den Piraten, die mit zwei Abgeordneten in den Stadtrat einziehen. Sollte es tatsächlich zu einer rot-rot-grün-orangenen Mehrheit kommen, könnten die Beschlüsse zu einigen Dresdner Großprojekten wie „Globus“, „Hafencity“ oder dem „Ausbau der Königsbrücker Straße“ noch einmal gekippt werden.

In Bezug auf den Beschluss zum vierspurigen Ausbau der Königsbrücker Straße äußerte Axel Bergmann, bau- und verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, schon kurz nach dem Beschluss, „dass die Verkehrszahlen den Umfang des geplanten Ausbaus nicht rechtfertigen. Der Verkehr auf der Königsbrücker nimmt seit über 10 Jahren kontinuierlich ab“ und dass „die breite Straße den jetzigen Charakter der Königsbrücker Straße zerstören wird“. So argumentieren auch Linke, Grüne und Piraten. Käme es also erneut zu einer Entscheidung, würde die Mehrheit des Stadtrates wohl für einen wesentlich schmaleren Ausbau der Königsbrücker Straße stimmen. Vorausgesetzt, im Planungsfeststellungsverfahren gibt es noch entscheidende Einwände, auch ein Bürgerentscheid wäre denkbar.

Ähnlich verhält es sich mit den zwei anderen Großprojekten „Globus“ und „Hafencity“. Bei beiden Projekten geht es um die Bebauung von Freiflächen am Rande der Neustadt, im Dresdner Norden. Mit dem Einzelhandelsunternehmen „Globus“ soll sich auf dem alten und zum Teil ungenutzten und denkmalgeschützten Bahnhofsgelände des Bahnhofes Neustadt ein Großkonzern ansiedeln. Auch hierzu äußerte sich Axel Bergmann: „Das Globus-Projekt verbaut die Zukunftschancen auf ein neues attraktives Stadtquartier, schädigt benachbarte Stadtteilzentren und ist verkehrlich ein Riesenproblem. Statt einer kleinteiligen Bebauung entsteht im Kern eine monotone Großstruktur mit über 1000 Parkplätzen, die in der Nachbarschaft wie ein Fremdkörper wirkt. Aus Sicht der SPD-Fraktion dürfen kommerzielle Einzelinteressen nicht über dem Gemeinwohl stehen. Wir lehnen das Projekt deshalb ab und setzen uns für die Entwicklung eines attraktiven neuen Stadtquartiers ein, gemäß den Zielen des Masterplans.“

Auch hier scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen. Schon 2010 gab es einen Beschluss zur teilweisen Bebauung des Areals um den Neustädter Hafen. Von Anfang an war klar, es handelt sich bei diesen Flächen um Überflutungsgebiet. Trotzdem stimmten Parlament und Verwaltung grundsätzlich für das Projekt „Hafencity“. Mit dem verheerenden Juni-Hochwasser 2013 kamen zunehmend Zweifel in den Fraktionen auf. Am Ende des letzten Jahres sprachen sich schließlich Grüne und Linke gegen das Projekt aus. Und auch die SPD hadert, so äußert sich Axel Bergmann: „Wir können uns die Hafencity prinzipiell vorstellen – wenn weniger dicht und keine Hochhäuser gebaut werden, es einen Anteil an preisgünstigen Wohnungen gibt, dem Hochwasserschutz Genüge getan wird und die rechtlichen Anforderungen erfüllt werden.“ Zwar gibt es einen Vorentwurf für den Bebauungsplan. Beschlossen ist jedoch noch nichts. Die Stadtpolitik in der sächsischen Landeshauptstadt steht möglicherweise vor einem grundsätzlichen Wandel.